Die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt haben sich besonders im deutschsprachigen Raum radikal verändert. Die demographische Entwicklung hat dazu geführt, dass es in zahlreichen Berufsfeldern einen Mangel an Talenten gibt. Zusätzlich revolutioniert die Digitalisierung unseren Alltag, die Art und Weise, wie wir kommunizieren, wie wir konsumieren, und zunehmend auch, wie wir arbeiten. Und dann sind da noch die jungen Generationen, die dem Thema Arbeit mit anderen Werten und Zielen begegnen.
Mit unseren Kollegen verbringen wir meistens mehr Zeit als mit unseren Familien, Kindern und Freunden. Der Wunsch nach einer Tätigkeit, die besser zum eigenen Leben, zu den eigenen Wünschen und Werten passt und Sinn stiftet, wächst. Da die Bedürfnisse zunehmend vielfältiger werden, wird auch die Arbeitswelt immer fragmentierter, diverser und bunter.
Die anhaltende Corona-Situation hat die Arbeitswelt darüber hinaus grundlegend in kürzester Zeit verändert. Was gestern noch eine Vision war, ist in nur wenigen Wochen Realität geworden. Unternehmen erfahren einen Crashkurs in Sachen Digitalisierung und Flexibilität. Das Homeoffice wurde als Arbeitsort möglich und vollends ausgestattet, Videokonferenzen haben Geschäftsreisen ersetzt, und flexible Arbeitszeiten wurden an die Bedürfnisse der Arbeitnehmer angepasst – und alles über Nacht. Remote-Work (Arbeiten unabhängig vom Arbeitsort) wurde zum Standard. Die Krise hat den Prozess, Veränderungen in der Arbeitswelt voranzutreiben, beschleunigt. Davor war die Stimmung der Menschen eher zurückhaltend auf „…so dringend ist das ja noch nicht, wir brauchen das vielleicht noch nicht…“ ausgerichtet. Die Menschen sind gerade wegen der Krise offen für Neues geworden.
Was bedeutet NEW WORK?
Bereits in den 1970er Jahren hat der Philosoph Prof. Dr. Frithjof Bergmann sich mit der Zukunft der Arbeit auseinandergesetzt, Chancen und Herausforderungen abgewogen und den Begriff NEW WORK/Neue Arbeit entwickelt. Er beschreibt eine Arbeitsweise, die auf die Auswirkungen der Globalisierung und Digitalisierung auf die Arbeitswelt reagiert. Die zeitliche und räumliche Flexibilität, Homeoffice, Gleitzeit u.v.m. werden aufgrund der digitalen Möglichkeiten zum Standard.
Eine große Herausforderung betrifft die Führungskräfte, die sich durch Transparenz, Vertrauensarbeit und Agilität an den Wandel anpassen müssen. Mitarbeiter werden aktiv in Entscheidungsprozesse einbezogen, und eine gelebte Feedback-Kultur sorgt für bessere Kommunikation. Seitens der Mitarbeiter wird der Wunsch nach Selbständigkeit, Gestaltungsspielräumen und Sinnhaftigkeit größer. Hierarchien und Ellenbogengesellschaften werden durch Teamgeist, Gemeinschaftssinn und der Wille zur Zusammenarbeit ersetzt. Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verwischen teilweise aufgrund der ständigen Erreichbarkeit, wodurch der Wunsch nach einer ausgewogenen Work-Life-Balance bestehen bleibt.
Ziel ist es, ein besseres, zufriedeneres und letztlich glücklicheres (Arbeits-)Leben zu führen. Unter NEW WORK wird Arbeit verstanden, „die man wirklich, wirklich tun will“ (Frithjof Bergmann), Arbeit, die erfüllt und Raum für Selbstverwirklichung zulässt.
Wie verändert NEW WORK die Arbeitswelt?
Die traditionellen Vorstellungen von Arbeitszeit, Anwesenheit, Urlaub und Gehalt werden in Frage gestellt. Aspekte wie Flexibilität, Zufriedenheit und Sinnhaftigkeit rangieren bei Arbeitnehmern deutlich vor klassischen Anreizsystemen wie Gehalt, Firmenwagen und Titel – insbesondere wenn es um die Frage geht „Was ist mir im Berufsleben wichtig?“.
Der rasend schnelle Wettbewerb lässt komplexe Unternehmen immer schwieriger durch langwierige Entscheidungswege von oben herab steuern. Zu viele „Mitentscheider“ machen Entscheidungen zu lang und undurchsichtig. Außerdem bleiben die eigentlichen Macher/Experten dabei auf der Strecke und werden wenig wahrgenommen. Anpassungsfähiger sind autonom agierende Teams, die das Wissen, die Mittel und die Freiheit haben, Entscheidungen zu treffen und neue Ansätze zu testen. Die Teams sind in der Lage, flexibel auf die sich ständig verändernden Kunden- und Marktbedürfnisse zu reagieren. Kurzum: Der Arbeitnehmer wird mündiger werden.
Arbeitgeber, die Homeoffice, flexible Arbeitszeiten, die 4-Tage-Woche oder Sabbaticals bieten, stehen bei Bewerbern hoch im Kurs. Die Anwesenheitsdauer wird insbesondere bei Wissensarbeit irrelevant. Was zählt, ist das Ergebnis.
Unternehmen, die zukünftig erfolgreich sein wollen, schaffen ein Arbeitsumfeld, in dem Mitarbeiter wachsen können, in dem sie als Mensch und nicht als Ressource wahrgenommen werden. Wissensvorsprünge dürfen zukünftig nicht als Machtinstrument innerhalb eines Unternehmens genutzt werden. Vielmehr sollen sie genutzt werden, um Mitarbeiter weiterzuentwickeln, um sie zu motivieren, ihr Potenzial zu entfalten und um Raum für Ideen zu schaffen.
In operativen, stark regulierten Betrieben ist agiles Arbeiten nicht immer sinnvoll. In z.B. Produktionsbetrieben, Krankenhäusern oder in der Flugraumüberwachung braucht es klare Schichtpläne und bei der Überwachung und Steuerung des Betriebs klare Hierarchien und Verantwortlichkeiten. Überall dort, permanent schnelle Anpassung an sich verändernde Markt-, Kundenanforderungen nötig ist (z.B. IT), wird sich agiles Arbeiten positiv auswirken.
Was bedeutet NEW WORK für die Arbeitnehmer?
NEW WORK bietet eine Chance zur persönlichen und beruflichen Entfaltung. Gleichzeitig verlangt es von den Mitarbeitern eine unternehmerische Grundhaltung. Die Angestellten haben durch ihr Handeln die Möglichkeit, die unternehmerischen Prozesse mitzugestalten und an Entscheidungen mitzuwirken. Die Übertragung von Verantwortung und auch Entscheidungsbefugnis auf die Mitarbeiter, verlangt die Bereitschaft, diese auch zu übernehmen. Der Schrei nach Mitbestimmung und Gestaltung ist häufig größer als die Bereitwilligkeit, den Kopf für eine Entscheidung hinzuhalten.
Es ist sowohl für die Führungskräfte als auch für die Person selbst wichtig, die Persönlichkeit zu kennen sowie Kenntnis über die individuellen Stärken und Talente zu haben. Diese Erkenntnis bestimmt, was Jeden antreibt, intrinsisch motiviert und erfüllen wird. Stärken und Talente des einzelnen Menschen sind der Dreh- und Angelpunkt für Erfolg und persönliche Zufriedenheit. Den Blick dafür zu haben, wo diese Talente gebraucht werden, wird den Weg zur stimmigen Aufgabe aufzeigen. Werden diese Stärken in einem passenden Tätigkeitsfeld eingebracht, kommen Sinn, Wirksamkeit und Erfolg von allein.
Die Macht über die eigene Zeit zu haben, wird den Menschen immer wichtiger. Freizeit, Familie und Arbeit sollen sich möglichst optimal miteinander vereinbaren. Die Entscheidung, wie, wo und wann gearbeitet wird und welche Arbeit erfüllend ist, liegt bei jedem selbst. Die freie Zeiteinteilung hat einen positiven Einfluss auf die Motivation und Kreativität von Mitarbeitern – das steht außer Frage. Doch um überhaupt zu erkennen, was die individuellen Bedürfnisse sind, bedarf es einer hohen Selbstkenntnis. Zudem verlangt es von den Arbeitnehmern ein hohes Verantwortungsbewusstsein, Entscheidungen über Raum, Zeit und Inhalt selbst zu treffen.
Die Art der Zusammenarbeit wird sich elementar ändern, um Agilität und selbstbestimmende Teams im Unternehmen zuzulassen. Die Grundidee von Agilität ist Freiwilligkeit. Die Mitarbeiter sollen eigeninitiativ tun, was dem Unternehmensziel dient. Dafür braucht jedes Team einen Rahmen und Spielregeln. Es bleibt Aufgabe des Managements, Ziele vorzugeben. Die Teams entscheiden selbst darüber, wie diese erreicht werden sollen. Das bedeutet für die Teams auch, dass sie sich eigenständig organisieren und eigenverantwortlich zu arbeiten.
Die Transformation vom hierarchisch vorbestimmten zum selbstbestimmten Arbeiten ist ein langwieriger Prozess. Führungskräfte als auch Mitarbeiter müssen zunächst „entlernen“, wie bislang gearbeitet wurde, um dann neu zu erlernen sich selbst zu organisieren. Rollen innerhalb des Teams werden definiert und gegebenfalls wieder angepasst. In der Regel braucht es Monate, bis sich ein Team optimal zusammengefunden hat.
Veränderung braucht Ausdauer und Mut – packen wir es an.
Die Talente von Morgen werden sich ihren Arbeitgeber anhand der Unternehmenskultur aussuchen, so dass die Arbeitgebermarke auch in Krisenzeiten ihre Bedeutung nicht verlieren wird. Krisenbedingt werden mehr als in den vergangenen Jahren Arbeitnehmer freigestellt und somit dem Markt wieder zugänglich gemacht werden. Die meisten „Mangel-Berufsgruppen“ werden jedoch nicht davon betroffen sein. Lassen Sie uns gemeinsam an der Entwicklung Ihrer Arbeitgebermarke arbeiten.